Und nun? – frag ich doch mal ganz direkt euch, liebe Synodalen der Lebendigen Gemeinde. Wie geht es jetzt weiter? # Ich frage euch so direkt, weil ihr am Dienstagmorgen um 11 Uhr schon wusstet, dass ihr keinen der beiden Anträge unterstützen würdet. Am Dienstag um 14:10 Uhr hat euer Synodaler Dekan Albrecht einen fünf Punkte-Plan vorgestellt, der schloß mit: „5. Spannungen aushalten in einer Kultur der Barmherzigkeit“. Spannend, dass genau das wichtigste Wort der ganzen Debatte darin vorkam: Barmherzigkeit. Aber seid ihr Barmherzig gewesen in eure Entscheidung? In den Voten eurer Synodalen? In der Verweigerungshaltung, mit der ihr überhaupt in diese stundenlangen Debatten eingestiegen seit? Was meint ihr mit diesem 5. Punkt eigentlich? Ich hab das Statement auf eurer Webseite jetzt weitere vier mal gelesen – ich verstehe nicht wie es auch nur in Ansätzen eine Brücke sein soll.
Nun: 33 Neinstimmen, eine Enthaltung. Die kamen sicher nicht alle, aber zum größten Teil aus eurem Gesprächskreis. Jeder von euch ist demokratisch gewählt. Und euere Entscheidungen waren Gewissensentscheidungen. Verstehe ich alles. Das heißt aber auch: ihr müsst diese öffentliche Kritik von mir, einem Wahlberechtigten, auch aushalten. Und ihr solltet eine Antwort geben: Wie geht es jetzt eigentlich weiter?
Lesben und Schwule dürfen nun immer noch nicht getraut werden. Sie dürfen aber auch nicht gesegnet werden. Ihr habt eure Pfarrer, eure Gemeinden für unmündig erklärt und eure konservative Basis um euch geschart. Und jetzt? Ich frage das, weil ich zu denen gehöre, die das konkret betrifft. Ich gehöre aber nicht zu denen, die jetzt hinwerfen will und sagt: „dann trete ich halt aus dieser Kirche aus“ – auch wenn schon genug Menschen in meinem Umfeld den Kopf schütteln, warum ich das nicht schon lange getan habt. Ich frage euch das, weil der Ball jetzt bei euch liegt. Und weil ihr oft genug betont habt, dass ihr den weiteren Prozess gestallten wollt.
Ihr habt euch in der Debatte ein paar mal entschuldigt – nur um im nächsten Atemzug ein ABER hinter eure Entschuldigung zu hängen. Ihr habt so oft gesagt, dass ihr niemanden diskriminier(t)en (wollt). Zum Glück stand um kurz vor halb fünf am Dienstag auch mal jemand Dekan Koepff aus Biberach von der Offenen Kirche (Danke für die Info Sabine) im Plenum auf und hat deutlich gemacht, dass das nicht die zu definieren haben, die diskriminieren, sondern die, die diskriminiert werden.
Wir haben jetzt Ende 2017. Das Thema „Segnung gleichgeschlechtlicher Paare“ schiebt ihr mit dieser 15. Synode nun schon lange durch die Gegend. Und ihr habt so viele rechtliche Bedenken, oder Bekenntnisfragen, oder ihr habt Angst die Kirche spaltet sich usw. Wisst ihr eigentlich, dass eure Debatte und Argumente in einer Art Metaebene gefangen sind, die außerhalb eurer pietistisch, konservativen Upper-Class niemand wirklich verstehen kann? Wisst ihr, dass sich viele eurer Argumente und Bedenken und geäußerten und versteckten Diskriminierungen in Luft auflösen würden, wenn auch nur eines eurer Kinder oder Enkel zu den „Betroffenen“ gehören würde? Wisst ihr, dass ihr der Welt da draußen gezeigt habt, dass euch eine Kirche mit zwei Klassengesellschaft wichtiger ist als Barmherzigkeit? Und das obwohl das doch euer fünfter Punkt als Gesprächskreis ist.
Der Ball liegt bei euch: Wie geht es weiter? Macht einen Vorschlag. Macht ihn öffentlich und verständlich. Klüngelt das nicht weiter in Hinterzimmern aus. Ich, und so mancher Leser dieses Blogs, will eine Antwort von euch. Weil es ohne euch keine Lösung geben wird. Und die restlichen Gesprächskreise haben in der Mehrheit signalisiert, dass sie was bewegen wollen. Also wie geht es weiter? Ich stelle diese Frage ernsthaft, weil ich jetzt ratlos bin wie es mit diesem Thema weitergeht. Und wenn niemand die Frage stellt, geht eine Minderheit gerne auch mal unter… Ich bin auch bereit, eure Antwort hier zu veröffentlichen. Und nein: „das Ganze wird weiter nicht öffentlich „in der Seelsorge“ gemacht“ – ist leider keine wirkliche Antwort. Es ist der Status Quo und der ist nicht zeitgemäß, der ist ungerecht, er ist vom Leben entfernt und er zeigt, dass ihr nicht bereit seit diese Kirche weiter zu denken als zum Rande eure Milieugrenzen.
Die „lebendige Gemeinde“ sollte eine Namensänderung erwägen: „Betonmischer Gemeinde“ würde m. E. besser passen #synwue
— Martin Burger (@mabu_burger) 28. November 2017
Dank:
Einen riesigen Dank an die Offene Kirche für ihren wirklich guten und inklusive Antrag. Danke, dass ihr ihn klar und nicht kompliziert gemacht hab. Danke, dass ihr ihn eingebracht habt und das vermutlich mit dem Wissen, dass er scheitern wird. Danke an die Redner von Kirche für Morgen, die ich gehört hab. Das Ringen um einen Kompromiss bei euch war zu spüren. Ein Dank an Jens Schmitt und sein Team für die Berichterstattung auf elk-wue.de und den Livestream. Man muss eure Arbeit auch einfach mal lobend erwähnen. Ein Dank an jeden Redner, der deutlich gemacht hat, dass der Antrag aus dem Oberkirchenrat nur ein Kompromiss des kleinsten gemeinsamen Nenners ist. Und auch einer, der eben nicht inklusive ist, sondern auch hier nur das Ziel hatte, die Konservativen zu beruhigen, aber nicht Menschengruppen zu integrieren.
Ein Dank an euch, dir ihr stundenlang in dieser Debatte gesessen seid und nicht aufgegeben habt, obwohl die Lebendige Gemeinde schon am Dienstag um 14:10 Uhr das Gespräch inhaltlich eigentlich beendet hat.
Update: Ergänzen möchte ich den Dank auch an Herrn Gohl von Evangelium und Kirche. Danke Tobias für die Erinnerung.
#synwue pic.twitter.com/klGeru0TXn
— Götz Kanzleiter (@GKanzl) 28. November 2017